Alltags-Wahnsinn · Elternschaft · Erziehung

Ich habe die Nase voll!


Eigentlich kommen wir ja super aus, das Pralinchen und ich. Wir sind ein Team, es macht uns Spaß zusammenzusein und gemeinsam zu essen, zeichnen, kneten, kuscheln oder einfach Blödsinn zu machen. Oder ich beobachte sie beim Spielen, das könnte ich stundenlang, es bereitet mir wirklich große Freude. 

Doch seit ein paar Tagen ist das Team kein Team mehr. Oder besser gesagt: das Team besteht aus einem Jammerlappen (mein Kind) und einer Furie (ich). Ich wage zu behaupten, dass ich im Großen und Ganzen eine gutmütige, sanfte Mama bin. Aber es gibt Tage, da könnte ich aus der Haut fahren. 

Das Pralinchen hat Schnupfen. Einen leichten Schnupfen, ohne Fieber. Und jammert, was das Zeug hält. Es fängt schon in der Früh an: wir stehen auf, es wird gejammert, dass der Papa im Badezimmer ist. Zwei Minuten später kommt der Papa raus, nein, sie will nicht beim Papa sein. Sie will zur Mama. Ich nehme sie auf den Arm, sie will in ihr Zimmer. Nein, sie will doch nicht in ihr Zimmer. Brüllt. Sie will das Schwein. Ich hole ihr das Schwein, nein, sie will doch die Prinzessin. Brüllt wieder.

Wir gehen in die Küche. Vielleicht hat sie ja Hunger? Sie macht ein paar Bissen vom Müsli. Will wieder in ihr Zimmer. Ich habe noch nichts gegessen und ziemlichen Hunger, deshalb erkläre ich ihr, dass ich jetzt mein Frühstück essen möchte. Lautstarker Protest. Gebrüll, bis die Ohren pfeifen. Ich beginne, zen-buddhistisch mein Mantra zu wiederholen: „Sie hat Schnupfen. Auch wenn es nur ein leichter Schnupfen ist, vielleicht geht es ihr nicht so gut. Zeige Verständnis.“ Ich tröste sie, schnappe mir meine Müslischale und den Tee und gehe mit dem brüllenden Kind auf den Arm in ihr Zimmer. Sie spielt mit dem Puppenhaus. Puuuuh….Erleichterung. Kurz durchatmen.

Zwei Minuten später: „Hatschi!“, „Hatschi!“ ruft sie weinend. Sie will die Taschentücher haben. Ich gebe ihr die Taschentücher, putze ihr die Nase. Sie pult alle Taschentücher aus der Verpackung, wenigstens ist sie beschäftigt und abgelenkt. Eine Minute später: „Hatschi!“ weinend. Ok, die Nase muss sie jucken. Möglichst verständnisvoll und tröstend wiederhole ich den Vorgang des Naseputzens. Sie spielt weiter. Keine Minute später wieder „Hatschi!“und wieder und wieder und wieder. Und Gejammer. Und Geweine. Und lautstarker Protest.

So geht es den ganzen Tag. Irgendwas passt immer und immer wieder nicht. Sei es die Windel, die sie stört oder die Nase, die juckt oder, oder, oder. Und dann kommt der Moment, wo ich nicht mehr kann. Ich spüre, wie mich meine Geduld langsam verlässt. Wie es in mir drinnen brodelt, wie in einem Vulkan. Ich spüre sie, diese Wut. Sie ist irgendwo im Bauch. Und irgendwann platzt es aus mir heraus: „Hör mal, ich bin jetzt echt genervt. Ich kann es dir nicht recht machen. Ich weiß, dass du Schnupfen hast, aber es ist nur ein Schnupfen. Ich kann dein Jammern jetzt nicht mehr hören. Ich habe die Nase voll!“

Ups…was habe ich da gerade gesagt? Bin ich jetzt zu weit gegangen? Zu laut geworden? Schlechtes Gewissen macht sich breit. Ganz breit. Mein armes Mädchen…sie ist doch erst zwei! Sie kann ihre Emotionen noch nicht regulieren, und schon gar nicht, wenn sie angeschlagen ist. Sie ist doch so arm mit dem Schnupfen. Was bin ich nur für eine blöde Mama! Anstatt ihr beizustehen, motze ich sie an. Eigentlich sollte SIE die Nase voll haben…sprichwörtlich. Aber andererseits soll man ja doch authentisch sein, oder? Und es hat mir ja wirklich gereicht. Ich bin verwirrt…

Zum Glück haben wir später noch Verstecken gespielt und meine Maus hat wieder gelacht. Aber trotzdem habe ich dieses blöde Gefühl in mir…dieses Gefühl, nicht zu wissen, wie man solche Situationen besser hinbekommt. Verständnisvoller, rücksichtsvoller, mit mehr Liebe und Geduld.

Kennt ihr solche Tage und Momente? Und wenn ja, wie löst ihr das? Was macht ihr dann?

12 Kommentare zu „Ich habe die Nase voll!

  1. Ach herrje, ich kenn‘ diese Momente so gut. Akute Trotzphase gekoppelt mit Unwohlsein, Krankheit, etc. Da kann man als Mama gefühlt nur versagen. Mein Großer ist fast 2,5 und wenn der mal wieder in so einer „heißen Phase“ ist, dann kann man ihm auch nichts recht machen. Ich versuche dann auch so gut es geht ruhig zu bleiben und mir immer zuzureden, dass es nichts mit mir zu tun hat. Sondern, dass er seine Gefühle – und eben besonders die negativen – einfach nicht anders kanalisieren kann. Eine dicke Haut und starke Nerven braucht man dabei trotzdem. Ich drück‘ die Daumen, dass der Schnupfen beim Pralinchen bald rum ist und sich dann vielleicht auch wieder der Trotz mäßigt. Liebe Grüße, Claudia

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    1. Danke dir für deine lieben Zeilen! Ja, sie können sich nun mal nicht anders ausdrücken, deshalb wurmt es mich umso mehr, dass ich so genervt reagiere. Man bräuchte manchmal als Mama wirklich Nerven aus Stahl…

      Liebe Grüße
      Schokomama

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      1. Oft hilft es auch sehr sich einfach mal was Gutes zu tun!! Gönn dir mal was. Nur für dich alleine 😉

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  2. Auweia. Ja kenne ich auch.
    Ich habe ein so zufriedenes leichtes Kind, dass es mir sehr schwer fällt mich anzupassen, wenn sie mal ausnahmsweise schwierig wird….

    Vielleicht hat sie auch Kopfschmerzen oder Unwohlsein, dass wir von außen nicht so leicht erkennen können wie vielleicht einen Schnupfen oder Fieber und die Kinder in dem Alter können es noch nicht gut mitteilen.

    Da hilft leider nichts außer abwarten und die Ruhe bewahren. Gut auf uns selbst achten, damit wir mehr Ruhe und Gelassenheit für unser unentspanntes Kind haben.

    Fällt schwer. Ich weiß. Ich drücke die Daumen, dass es schnell vorbei ist.

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    1. Danke, du Liebe! Ich glaube, es ist die Hilflosigkeit, die in dem Moment bei mir raus muss, leider in dieser blöden Form. Mit mehr Unterstützung durch andere geht es dann tatsächlich besser. Danke jedenfalls fürs Mut machen!

      Liebe Grüße
      Schokomama

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  3. Hallo Du Liebe, oh ja, das kenne ich. Es gibt Tage, da läuft gefühlt nichts wirklich gut. Egal, was man macht, es ist alles falsch. Dann teilen die lieben Kleinen einem unmissverständlich mit: Alles ist bäh und Mama ist doof und überhaupt weiß ich gar nicht, was ich will. Und meistens wissen die Kleinen auch wirklich nicht, was mit ihnen los ist. Und Mama ist auch gar nicht soooooo doof, denn kuscheln will ich ja trotzdem oder vielleicht auch nicht. Ach weiß nicht….Das versteht man als Mama auch meistens ganz gut, schließlich kennt man sein Kind. Und das ist zum Glück nicht immer so daneben. 🙂 Und wenn er dann doch mal passiert, der verbale Ausraster, weil ich auch mal nicht so kann, wie ich es eigentlich von mir erwarte, dann versuche ich, mich zu entschuldigen. Bei den Großen kann ich das schon machen und wir reden darüber, dass das blöd von mir war. Die Kleine versteht das ja noch nicht. Aber ich erkläre es ihr trotzdem und versuche, dann wie immer zu sein. Ich fürchte so etwas wird uns als Mamas noch öfter passieren, denn wir sind auch nur Menschen. Jesper Juul sagte einmal so schön: „Gute Eltern machen 20 Fehler am Tag.“ Wichtig ist, was danach kommt. Ob wir uns und ihnen unseren Fehler eingestehen, ob wir Spaß mit den Mäusen haben und auch ansonsten liebevoll sind. Dann verkraften die Mäuse auch unsere ungewollten Patzer. Daran halte ich mich fest.
    Sei ganz liebe gegrüßt, Martamam

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    1. Liebe Martamam,

      das ist ein toller Satz mit den 20 Fehlern am Tag, der nimmt ganz schön viel Druck raus. Und der verbale Patzer passiert mir hoffentlich so bald nicht wieder…es bringt auch überhaupt nichts, so Dampf abzulassen, weil das schlechte Gewissen dann so überhand nimmt…Abgesehen davon, kann meine Kleine ja wirklich nichts dafür und sie dafür anzumotzen ist einfach Fehl am Platz. Und trotzdem passieren halt immer wieder Fehler. Gehört wohl zum Elternsein dazu…lieben Dank jedenfalls für deine Zeilen! Bin froh, dass ich nicht alleine bin. 😊

      Liebe Grüße
      Schokomama

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  4. Oh ja, ich kenne sehr wohl solche Momente, und mit zwei kleinen Kindern verdoppeln diese sich wohl auch noch. Tagsüber bin ich relativ entspannt, geduldig und verständnisvoll mit den kranken/lärmenden/streitenden/irgendwas-wollenden Kindern, aber abends, wenn bei mir auch die Batterien leer sind, reisst mir in manchen Situationen auch schon mal der Geduldsfaden. Vor allem bei Dingen, die sich Tag für Tag auf dieselbe Art und Weise wiederholen. Da flippe ich aus. Aber ich versuche in letzter Zeit trotzdem öfters ruhig zu bleiben als irgendeinen pädagogisch sinnlosen Satz rauszuhauen. Klappt nicht immer, aber doch schon häufiger. Also keine Bange- es geht definitiv nicht nur Dir so😉

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